Zum Weiterdenken
Gottfried eröffnet seine Predigt mit einem eindrücklichen Erlebnis bei einem Jazz-Konzert von Till Brönner und Dieter Ilg. Die musikalische Virtuosität überw.ltigte ihn – besonders, weil sie ganz ohne Notenblätter auskam. Doch diese Freiheit, so erklärt sein Schwiegersohn, setzt jahrelanges Üben voraus. Diese Erkenntnis dient als Bild für das geistliche Leben: In chaotischen Zeiten wachsen wir nicht über uns hinaus, sondern fallen auf das Niveau zurück, das wir durch Übung verinnerlicht haben.
Das zentrale Thema der Predigt ist das Gebet. Ausgehend von Lukas 11 („Herr, lehre uns beten“) zeigt Gottfried auf, dass Gebet mehr als ein Notruf ist – es ist tägliche gelebte Beziehung mit Gott. Jesus selbst lebte uns das vor: Er betete regelmäßig, zog sich zurück und pflegte innige Beziehung zum Vater. Diese Art von Gebet ist nicht zeremoniell oder distanziert, sondern persönlich: Jesus nutzt das Wort „Abba“ – Papa.
Anhand von Johannes 8,1–11 erzählt Gottfried die Geschichte der Ehebrecherin, die von Jesus nicht verurteilt, sondern geliebt wird. Er verweist auf Jeremia 17,13: „Denn sie haben den HERRN verlassen, die Quelle lebendigen Wassers.“ Jesus ruft die Frau auf: „Sündige von jetzt an nicht mehr!“ – eine Herausforderung, die nicht nur für sie galt, sondern für jeden von uns. Der Schlüssel zum Dranbleiben ist Beziehung: „Bleibt in meiner Liebe“ (Johannes 15,9).
Gottfried vergleicht Gebet mit einer Ehe: Es ist die tägliche Kommunikation, die trägt – nicht ein ständiges Verliebtsein. Bonhoeffers Wort „Nicht eure Liebe trägt die Ehe, sondern von nun an trägt die Ehe eure Liebe“ übertr.gt er auf das Gebet: Nicht unsere Emotionen tragen unser geistliches Leben, sondern die disziplinierte Praxis des Gebets trägt unsere Beziehung zu Gott. Gebet darf, so Gottfried, sehr persönlich sein – wie ein Gespräch mit einem guten Freund.
Psalmen, das Vaterunser (Matthäus 6,9–10) oder das jüdische Kaddisch („Erhoben und geheiligt werde sein großer Name…“) bieten Form und Tiefe. Besonders inspirierend ist sein Beispiel des jüdischen Glaubensalltags (5. Mose 6,4–9 – das Sch’ma Israel), in dem Gebet in den Tagesrhythmus eingebettet ist.
Zentrale Bibeltexte:
- Johannes 8,1–11 – Die Ehebrecherin und Jesus’ Barmherzigkeit
- Jeremia 17,13 – Die Warnung vor dem Verlassen der Quelle des Lebens
- Psalm 44,26 & Psalm 113,7 – Vom Staub aufgerichtet
- Johannes 15,9 – „Bleibt in meiner Liebe“
- 5. Mose 6,4–9 – Das Sch’ma Israel
- Psalm 55,17–18, Apostelgeschichte 3,1 & 10,9, 1. Thessalonicher 5,17 – Die Praxis des regelmäßigen Gebets
- Matthäus 6,9–10 – Das Vaterunser
Zum Abschluss betont Gottfried: Wer im Alltag mit Gott verbunden bleibt, entwickelt geistliche Tiefe und Beständigkeit. Gebet verändert nicht nur Umstände, sondern vor allem uns selbst.
Fragen zur Vertiefung und zum Austausch in der Kleingruppe:
- Was bedeutet für dich ganz persönlich: „Bleibt in meiner Liebe“ (Johannes 15,9)? Wie pflegst du deine Beziehung zu Gott im Alltag?
- Welche „geistliche Übung“ möchtest du – wie ein Jazzmusiker – neu oder wieder regelmäßig praktizieren?
- Inwiefern hilft dir die Geschichte der Ehebrecherin, Gottes Barmherzigkeit besser zu verstehen?
- Welche Rolle spielt das regelmäßige Gebet in deinem Alltag – und wo brauchst du vielleicht neue Inspiration oder Struktur?
- Gibt es Momente, in denen dir Beten schwerfällt oder sich leer anfühlt? Was könnten Gründe sein – und wie kannst du diesen Zeiten begegnen?